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Zusammenfassend übersetzt nach Haluk Arıcan

Vom Sozialdemokraten Erdoğan zum

Despoten Erdoğan

Die Prüfung der europäischen Sozialdemokraten mit Erdoğan (*)

„Viele können sich höchstwahrscheinlich daran erinnern, dass die Sozialdemokraten bis vor fünf Jahren Erdoğan mit den Worten “ein moderater Islamist, aber ein Demokrat” lobten. Also dass die sozialdemokratischen Parteien – vor allem die SPD – Erdoğan als einen Sozialdemokraten bezeichneten und in ihrer Euphorie, die CHP (Republikanische Volkspartei) aus der Sozialistischen Internationale ausschlossen?“ 

 

Der Verfasser des Artikels meint: Wenn Teile der linken Bewegung – außer derjenigen, die ihren Kampf in der Auseinandersetzung mit den Wiedersprüchen der Klassen führen – nicht mit roten Fahnen hinter der Sozialdemokratie herliefen, wäre dieser Artikel überflüssig.

 

(Der Rest des Artikels wurde sinngemäß übersetzt.)

 

Erdoğan wurde offensichtlich unterstützt im Rahmen des von den USA bestrebten Models des „moderaten Islams“. 

Auch die EU startete im Jahr 2005 die Verhandlungen für die Vollmitgliedschaft der Türkei, nach der Initiative der SPD-Grünen Koalitionsregierung der Bundesrepublik. Zeitgleich gewannen die Erdoğans, in einer Form ihren Platz in der Sozialdemokratie. 2006 erwiderte Erdoğan diejenigen, die die Privatisierungen im Gesundheitswesen kritisierten, mit den Worten: „Diese können nicht Sozialdemokrat oder ähnliches sein, die Sozialdemokraten sind wir.“

 

Ende 2005, gleich nach der Gründung der konservativ-liberalen Koalition der CDU/CSU-FDP, fing der Prozess zum „Spendenbetrug in der Hilfsorganisation Deniz-Feneri“ an, in dem auch der Name von Erdoğan Erwähnung fand. Während der deutsche Imperialismus Druck auf Erdoğan ausübte, versuchten die SPD und die Grünen als Opposition, der CHP und Erdoğan zur Orientierung zu verhelfen.

 

Der Sozialdemokrat Erdoğan

Die SPD veröffentlichte 2007 ein Buch mit dem Titel „Soziale Demokratie im 21. Jahrhundert“ (Herausgeber: Hubertus Heil, Kurt Beck; ISBN 978-3-8329-2596-3)  

“In diesem Buch wurde darüber debattiert, wie die allgemeine sozialdemokratische Politik sein sollte. Das Buch beinhaltet nicht nur Artikel von führenden Personen der SPD, deren Einfluss auf die deutsche Politik andauert, sondern auch der führenden sozialdemokratischen Personen in Europa.“

 

Unter insgesamt 47 Artikeln in diesem Buch, gab es überraschenderweise auch einen Verfasser aus der Türkei: Der mit dem Namen von Recep Tayyip Erdoğan veröffentlichte Artikel sprach für die Vollmitgliedschaft der Türkei und bezeichnet dies als ein Friedensprojekt.

 

Der Journalist Yalçın Doğan fragte die SPD-Mitglieder, die das Buch editierten, „warum nicht ein Artikel der CHP, sondern eins von Erdoğan?“ Ihre Antwort lautete: “Wir akzeptieren die CHP nicht mehr als Sozialdemokraten.“ 

 

In denselben Tagen vor den Wahlen vom 7. November 2007 wurde bekannt, dass manche linksliberale-rechte Personen und öffentlich bekannte sowie geheime Mitglieder der AKP, einen Antrag zum Ausschluss der CHP aus der Sozialistischen Internationale (SI) – das damalige Flaggschiff des Antikommunismus, unter der Führung der SPD – gestellt hatten.

 

Zeitgleich hörte man aus den Reihen der SI, dass die CHP nichts mit sozialdemokratischer Politik zu tun habe und sie in Vorbereitung seien, um etwas gegen diese Partei zu unternehmen. Aufgrund der „Empfehlung“ des SI konnte die CHP 2008 am Kongress nicht teilnehmen. Auch wenn Themen, wie die Zugehörigkeit der CHP zur Sozialdemokratie kein Schwerpunkt in der Tagesordnung sein konnte, darf man nicht vergessen, dass während des Arabischen Frühlings, viele Parteien – wie die National Demokratische Partei (NPD) unter der Führung von Hosni Mubarrak in Ägypten oder die Einheitspartei Konstitutionelle Demokratische Sammlung (RCD) unter der Führung von Zine el-Abidine Ben Ali in Tunesien – ihre Mitgliedschaft aufrechthalten durften, ohne dass ihre Widersprüche zu den „sozialistischen“ Grundsätzen der SI hinterfragt wurden.

 

Also, wo lag das eigentliche Problem? Die SI und führende Politikerinnen und Politiker der Sozialdemokratie in Europa bemerkten, dass die vorsichtige, klassische Außenpolitik der CHP unter der Führung von Baykal – obwohl er im Inland nicht wirklich konsequent war – zum Hindernis  für die Pläne des Imperialismus im Nah Osten werden könnte.

 

Erst nachdem Kılıçdaroğlu an die Spitze der CHP kam, konnten sie wieder Ruhe finden. Doch die allgemeine Akzeptanz fand er im Anschluss, erst mit seinem Statement: „der Laizismus in der Türkei ist nicht in Gefahr“. Die Journalistin Aslı Aydıntaşbaş beobachtete 2010 die Ratssitzung der SI und berichtete: „Die Politikerinnen und Politiker, die ich hier kennengelernt habe, erzählten Horrorgeschichten über die alte CHP. (…) Jetzt gäbe es Bestrebungen in der Partei, um sich zu ändern. Die alte CHP sei aber in der Außenpolitik starr Nationalist, sogar Verteidiger der Isolation und im Inland ein einstimmiger Chor mit dem Song „die Türkei ist laizistisch und wird laizistisch bleiben.“. 

 

Die Imperialisten und die Bourgeoisie in der Türkei hatten den Laizismus und die Republik bereits zum Tode verurteilt, sowie den Henker und seinen Helfer dermaßen beschmückt und dann erst auf die Bühne gebracht, dass sich sogar die Opfer blenden ließen. 

 

Auch Kılıçdaroğlu konnte aber die CHP vor den Tücken ihrer Schwesterparteien nicht schützen. Nachdem Kılıçdaroğlu in einem Gespräch Erdoğan mit Esad, dem Staatspräsidenten von Syrien verglich, zögerte der damalige Vorsitzende der Parlamentsgruppe der Sozialisten im Europa Parlament, H. Swoboda nicht, ihn zu protestieren und die Sitzung zu verlassen.

 

Zwei Widerstände gaben erst Anlass zum ernsthaften Zweifel der Imperialisten über zukünftige Beziehungen zur AKP und somit zwischen der Sozialdemokratie der EU und Erdoğan: Der Widerstand des syrischen Volkes gegen die Invasion und der Juni-Aufstand in der Türkei, der Millionen auf die Straße brachte.

 

Erdoğan, der Despot

So gab es einen Übergang von der Phase des „moderaten Islamisten, dem sozialdemokratischen Erdoğan“ zum „Erdoğan dem Despoten“. Von nun an verspotteten die Sozialdemokraten jeglichen Vergleich zwischen ihnen und Erdoğan. 

 

Es ist ein Irrtum zu denken, dass der Grund dieser Veränderung in der Entwicklung Erdoğans zum Despoten lag. Sigmar Gabriel, der ehem. Vorsitzende der SPD und Erdoğan Kritiker, lobte während seines Ägypten-Besuch Sisi, der sich von Erdoğan nur dadurch unterscheidet, dass er zuerst putschte und danach die Wahlen gewann.  Er sagte für Sisi: „Ich glaube, dass ihr einen beeindruckenden Präsidenten habt.“ Aber das tatsächlich beeindruckende, war die Vergabe von Aufträgen in Milliarden Höhe, an die deutschen Monopole. Lag nicht auch der Grund der Unterstützung von Erdoğan darin, dass er zuließ, dass 90% der staatlichen Unternehmen durch das Großkapital geplündert werden konnte?

 

Der Imperialismus ist auf der Suche nach einem Nachfolger, der die Erdoğan-Politik ohne Erdoğan fortsetzen kann. Nach der Erfahrung mit Syriza in Griechenland, versucht die Sozialdemokratie dasselbe in der Türkei umzusetzen. 

 

Damit keine neue Rückendeckung durch die Sozialdemokratie gefunden werden kann, brauchen wir jetzt eine unabhängige Politik und eine Strategie für unseren Kampf, die sich nach dem Sozialismus richtet. Der wichtigste Schritt dafür ist, der Aufbau einer von der Sozialdemokratie unabhängigen, organisatorisch-politischen Linie der Arbeiterklasse.

 

(*) Gekürzte Übersetzung aus der Zeitschrift „Boyun Eğme-Almanya“, Ausgabe: Februar 2018 , Seiten: 17-18

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